Wie Frauen uns den Kopf verdrehen

Schrill klingelte der Wecker an einem Samstag um 8.00 Uhr. Normalerweise würde ich an einem Wochenende zu dieser Zeit noch tief und fest schlafen. Doch an diesem Tag war alles anders. Ich sprang gutgelaunt aus dem Bett und verschwand für einige Zeit im Bad. An diesem Tag sollte ich nämlich nach vielen Jahren meine Jugendliebe Claudia wiedersehen.

Wie Frauen uns den Kopf verdrehen

Durch puren Zufall stand sie neulich beim Einkauf direkt vor mir. Als ich sie sah, konnte ich es zunächst nicht glauben, doch hatte ich wenig Zweifel, denn ihr Gesicht würde ich unter tausenden wieder erkennen. Noch leicht überrascht sprach ich sie an und nach kurzem Zögern erkannte auch sie mich wieder. Schnell die Sachen an der Kasse bezahlt, konnten wir uns noch kurz unterhalten.

Damals musste sie nach der Ausbildung berufsbedingt nach Köln ziehen und lebte dort einige Jahre. Ihr Heimweh und die gesundheitlichen Probleme ihrer Eltern veranlassten sie dazu, wieder zurück in ihre alte Heimat Lübeck zu ziehen. Leider musste sie noch zu einem Termin und hatte deswegen nicht sehr viel Zeit. Wir beschlossen aber uns wiederzusehen und vereinbarten ein Treffen zum gemeinsamen Mittagessen in der Stadt.

Und genau dieser Tag stand nun an. So aufgeregt war ich seit Ewigkeiten nicht mehr. Die Vorbereitungen im Bad dauerten eine gefühlte Ewigkeit, alles musste perfekt aussehen und so legte ich besonders großen Wert auf mein Äußeres. Besonders die Haare bekamen eine ausführliche Pflege und ein modernes Styling. Die Zeit verging schnell und es waren nur noch wenige Stunden bis zum Treffen. Ich hatte so viel zu erzählen und genauso viele Fragen an Claudia.

Als kleine Stärkung machte ich mir ein Frühstück und strich mir ein paar Marmeladenbrötchen zurecht. Da nichts schlimmer wäre, als die frische Hose und das neue Hemd nach dem anziehen gleich voll zu kleckern, blieb ich lieber erst einmal in meinem Bademantel. Während ich meine Brötchen aß, überlegte ich, ob Claudia nach dem Mittagessen vielleicht noch auf einen Kaffee zu mir nach Hause mitkommen würde. Voller Schreck betrachtete ich die Küche und merkte, dass diese auch schon bessere Tage gesehen hatte. Schnell noch aufgeräumt und geputzt, denn die Zeit drängte langsam, war soweit alles erledigt. Ich kontrollierte auch noch die restlichen Zimmer und war in dem Moment froh über meinen sonst dominierenden Ordnungs- und Säuberungstick. Schnell noch den Müll raus bringen und dann konnte ich mich auch endlich vom Bademantel trennen. Mülltüte geschnappt, rausgehastet und zielstrebig ging es Richtung Mülleimer.

Genau in dem Moment, als ich merkte, dass doch irgendwas fehlte, war es auch schon zu spät. Ein Windstoß hatte die Tür zugeschlagen und der Hausschlüssel lag natürlich in der Schale in der Wohnung. Da stand ich also, bedeppert, im Bademantel, mit Müllbeutel in der Hand und guckte fassungslos Richtung Wohnungstür. Horrorszenarien spielten sich in meinem Kopf ab. Was, wenn ich das Treffen verpasse und Claudia denkt, ich habe sie versetzt? Was, wenn ich dort im Bademantel auftauche? Was peinlicheres für sie und mich würde es wohl kaum geben.

Ich versuchte mich zu beruhigen und rannte erst einmal um die Wohnung, um nach offenen Fenstern zu suchen. Leider hatte ich kein Glück und stand genauso schlau wie vorher vor der verschlossenen Tür. Die Passanten guckten belustigend zu mir, doch die waren mir in der Hektik völlig egal. Auf einmal bemerkte ich die etwas schwerere rechte Seitentasche des Bademantels und lachte laut auf. Mein Handy! Schlüssel nicht mitnehmen aber Handy dabei haben, ich lachte über mich selber.

Schnell das Handy rausgekramt, die Nummer vom Schlüsseldienst in Lübeck gewählt und mein Problem geschildert. Etwa 15 Minuten später kam der Monteur und konnte sich nur schwer ein leichtes Grinsen verkneifen. Leicht hibbelig zeigte ich dem Mann die Wohnungstür und hüpfte aufgeregt hinterher. Wenig später war die Tür endlich geöffnet und ich überglücklich. Nicht mal ein Kratzer war nach dem aufmachen zu sehen. Ich bedankte mich für die schnelle Hilfe und stürmte in die Wohnung, als der Schlüsselmann mir noch zurief: „Ihre Rechnung kommt dann mit der Post“. „Ok, danke“ rief ich zurück und rannte ins Schlafzimmer.

Hose und Hemd in Rekordzeit angezogen, rannte ich die Treppe wieder runter und wäre fast gestolpert. Jacke übergeworfen, Schuhe angezogen und schon stand ich draußen und wollte gerade die Tür hinter mir schließen, als mir auffiel, dass ich wieder keinen Schlüssel in der Hand hatte. „Nicht nochmal“ dachte ich mir und holte den Schlüssel aus der Schale. So verwirrt und in Eile war ich wirklich schon ewig nicht mehr. Mit ca. 10 Minuten Verspätung kam ich endlich im Restaurant an. Claudia erwartete mich schon und konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen, als sie mich sah. „Was hast du denn gemacht?“ fragte sie erheitert. Verdutzt wie ich war, sagte ich erst einmal „Nichts“, bemerkte jedoch, dass ich in aller Hektik gar nicht mehr in den Spiegel geschaut hatte. Um mein Auftreten zu erklären, erzählte ich ihr dann die ganze Geschichte und sie begann herzhaft zu lachen. Ich stimmte mit ein, denn wie ich vor der Wohnung im Bademantel rumgehüpft bin, muss ein Bild für die Götter gewesen sein.

Seit diesem Tag sind nun einige Jahre vergangen und Claudia und ich denken immer noch gerne an diese Zeit zurück. Dieser Tag war der Start für unsere Liebe, denn die Art und Weise, wie aufgeregt ich damals vor dem Treffen war, imponierte Claudia so sehr, dass sie sich in mich verliebte. Mittlerweile ist sie meine Frau und die Mutter unserer 2-jährigen Tochter. Und auch heute noch vergewissert sie sich immer, dass ich meinen Schlüssel dabei habe.